Samstag, 28. Juni 2008
Hohes Lob für treue Dienste
Eines Tages konnte ich zum Schrottpreis eine wirkliche Kostbarkeit aus den frühen 60 Jahren kaufen: Eine Hebelschneidemaschine der Firma Schimanek. Ich habe vergessen, wie viele Kilo der Klotz wog, den ich mit meinem halbwüchsigen Sohn auf den LKW gehievt und in meinen Keller geschleppt habe. Schwer war's, wirklich, obwohl das Gerät zerlegt war. Das Messer lässt sich nachschleifen, sowieso, und auch, wenn man, wie mir geschehen, eine lose herumvagabundierende Heftklammer übersieht und so dem haarscharfen Messer zwei unnütze Zahnlücken per Hebelkraft aufzwingt.
Die HS 46 ist eine feine, rein mechanische Maschine, zuverlässig und ziemlich unkaputtbar. Und, siehe da, als ich dem Gerät etwas technischen Support angedeihen lassen wollte (Reinigen, Ölen, justieren nach Messer- u. Scheidbalken-Wechsel, etc.) bekam ich auf Anfrage umgehend vom Hersteller genau das was ich benötigte. Für eine neue Kurbel muss ich allerdings noch ein wenig sparen; Ersatzteile aus Guss mit präzise geschnittenen Gewinden kosten halt. Ein Blick auf die Schimanek-Website zeigt, dass deren Geräte immer noch in der Qualitätsklasse ‚heavy-duty’ zu finden sind. Und die hat halt ihren Preis. Ich habe Sie gewarnt. Aber wollten Sie nicht immer schon Ihren Enkeln etwas vererben, das diese auch wieder vererben können? Aber vielleicht lackiere ich das dicke Ding mal in Original-Harley-Davidson-Farben um.
Dienstag, 3. Juni 2008
„Label Binding” nach Carmencho Arregui
Buchbinden ist - vor allem und ganz besonders - in unserem Kulturkreis eine sehr festgefügte Angelegenheit. Es steht in der Öffentlichkeit nahezu vollständig unter der handwerkskammerlichen Fuchtel und ist somit auf dem allerbesten Weg irreversibel zu versteifen. Vorbild für einige Hartleibigkeiten sind wohl die bewährten superfesten, vielfach verleimten und mit Gaze etc. verstärkten Buchbindungen - bewährt, bewertbar, aber nichts Neues. Ich habe garnichts gegen ein perfekt gebundenes Buch, nein, wirklich nicht! Doch ich freue mich über jeden Menschen, der sich als „freie/r” Buchbinder/in bezeichnet. Ich freue mich über jeden Menschen, der Bücher mit Leidenschaft bindet.
Eine Buchbinderin, die beides - professionelle Perfektion und leidenschaftliche Experimentierlust erfolgreich miteinander verbindet - ist Carmencho Arregui (CA). Sie ist spanischer Herkunft, multikulturell (aus)gebildet, wohnt und arbeitet in Venedig, lehrt und lernt in ganz Europa. Sie ist über jeden handwerklichen Zweifel erhaben, sonst hätte sie nicht die Aufträge von Museen und Sammlern, von denen sie lebt. Sie hat sich darüber hinaus schon mehrfach die Aufmerksamkeit der Buchbindergemeinde gesichert, nicht zuletzt mit ihrer vielfach adaptierten Cross Structure Binding.
Vor allem ihre leimfreien Bindungen interessieren mich und auch, warum leimfreie Bindungen in den letzten Jahren solch weite Verbreitung gefunden haben. Dieses Frühjahr also mailte CA ihre Bekannten und Freunde an und wies auf ihre neueste Publikation hin: The Label Bindung :: Link ::
Dazu meine Erfolgsmeldung: Es hat funktioniert; auch mit vorsichtigen Abweichungen von CAs Arbeitsanweisungen. Mein fotografiertes Ausfallmuster ist vielleicht ein wenig farblos, aber vollständig aus vorhandenem Material gemacht: Büttenpapier, Büttenkarton, gewachster Zwirn. Das von CA geforderte Stück Pergament für das ‚Label’ habe ich mangels Material durch ein Kompositum aus handgeschöpftem Bütten und einem Stückchen Tyvek ersetzt. Netto-Arbeitszeit, vom Falzen und Beraufen des Velin-Papiers für den Block bis zur Fertigstellung des Büchleins ca. 1,5 – 2 Stunden, die sich durch Routine verkürzen lassen. An manchen Stellen ist etwas Feinmotorik gefordert. Die im Bild zu sehenden Löcher, im Original 0,5 mm groß und mit einem japanischen Puncher gestanzt, sind mir zu fett, beim nächsten Mal nehm ich halt die Vorstechahle.
Die Selbstbau-Heftlade nebst aktueller Modifikation, auf der CA-Website genau beschrieben, habe ich mit meinen handwerklichen Möglichkeiten angepasst. Im Original wurde zum Zurückhalten des Umschlags beim Heften des Blocks eine Metallstange zwischen die Schraubzwingen geschweißt. Ich habe ein passend zugesägtes Hartholzstäbchen namens ‚Riffelholz‘ mit zwei Kabelbindern befestigt. Das funktioniert bestens und CA wird es sicher nicht stören.
Montag, 26. Mai 2008
Buchvital: Poesie di Ippolito Pindemonte Veronese, Parte II.
Mir ist nicht wirklich klar, ob der Autor dieses Büchleins, Pindemonte Veronese, ein Wichtiger ist, ich kann kein Italienisch. Aber ich sehe auf den ersten Blick: Rein äußerlich ist das Buch (ca. 112 x 16,5 cm, von der Größe her zwischen Duodez und Sedez liegend) ziemlich beschädigt, es hat aber innere Werte, die mich erfreuen. Deshalb wird es bald einen neue Hülle bekommen, die ich nach Maestra Arreguis neuester Publikation, ‚label binding’ bauen werde.
Der Text ist in einer zauberhaft zarten Bodoni gesetzt, in einer Typographie, wie sie schöner nicht sein kann. 1800 vom Blei gedruckt auf einem höchstens 50 g/qm handgeschöpftem Bütten, dieses mit einem großen Wasserzeichen (Malterserkreuz, Wappen von Parma, Initialen). Das Papier wurde vor dem Einbinden berauft, nicht beschnitten.
Buchbinderisch ist das Bändchen für mich eine Novität, einen solchen Einband habe ich noch nie gesehen. Der Buchblock ist auf zwei Hanfschnüre geheftet, mit den obligaten Fitzbünden. Der Einband besteht aus einer höchsten ein mm starken und ziemlich rauhen Graupappe, diese ist mit einem eingefärbten Büttenpapier kaschiert, dessen ursprüngliche Farbgebung nicht wirklich zu rekonstruieren ist (Irgendetwas zwischen Gebrannter Siena und einem Orange-Rot ist es IMHO gewesen.)
Nun habe ich gelernt, dass ein ordentliches Buch Vorsätze zu haben hat. Dieses hat sie auch, aber, sie sind jeweils nur mit einem Blatt innen auf dem Deckel bzw. auf dem Rücken aufgeklebt, die zweite Hälfte des Vorsatzes bleibt frei (Bild oben) und wurde nicht mit dem Block verklebt. Die Verbindung zum Buchblock wurde durch eine trickreiche (verschlungene) Fadenheftung durch den Vorsatzfalz und den Falz der ersten bzw. der letzten Lage hergestellt, die dadurch eine doppelte Heftung haben (Bild mitte).
Ich hoffe, die Bilder können das einigermaßen zeigen, die wörtliche Beschreibung fällt mir schwer. Die Heftschnüre wurden, wie das damals (in Frankreich ?) so Usus war, flach durch die gelochten Pappen nach innen geführt, ein wenig aufgespleisst, verleimt, gepresst und dann überkaschiert (Bild unten).
Mein alter Buchbinde-Guru, der Herr Krons, hätte diese Bindung als ‚rauh aber herzlich‘ bezeichnet. Doch ich bezweifle, dass er ihr je begegnet ist.
Freitag, 23. Mai 2008
The Cologne Wedding
Im vergangenen Jahr heiratete unsere Kölner Freundin Lisa in Chicago ihren geliebten Ilya - in einer nahezu rein amerikanischen Zeremonie. Weil die Reiselust von hüben nach drüben auch heute noch - trotz der günstigen Umtausverhältnisse - leicht negativ gepolt ist, feiern die beiden in diesem Jahr mit ihren Kölner Freunden noch einmal.
Diesmal gibt es auch Geschenke. Die Zilligs (Senior) schenken ein gewünschtes Fotoalbum, das ich „The Cologne Wedding” betitelt habe. Es ist eine wahrhaft transatlantische Kombination aus einem US-amerikanischen Ready-made-Buchblock (Fotokarton mit Spinnenpapier), satt-grünem französischem Ziegenlammleder (als Überzug des Rückens mit falschen Bünden) und für den Umschlag handgemachtem deutschem Marmorpapier (in frühlingsfrischen Hochzeitsfarben). Das habe ich einer Buchbindefreundin abgeschwatzt, weil meine Vorräte alle farblich viel zu ‚heavy‘ gewesen wären.
Leider war der Buchblock wochenlang völlig schief und hammerfest in Folie eingeschrinkelt, weshalb er mir beim Verarbeiten Probleme bereitet hat: Er ließ sich mit keinem Trick der Welt mehr auf einen erträglichen Steigungswinkel bewegen - weder vorne steiler noch hinten flacher. Deshalb erfreut mich das Endergebnis dann doch ein wenig, nicht zuletzt, weil der Versuch, einen Buchumschlag mit Kölner Dom-Intarsien aus Iris-Leinen zu gestalten, vorher völlig daneben geraten war.
The Cologne Wedding Album
Diesmal gibt es auch Geschenke. Die Zilligs (Senior) schenken ein gewünschtes Fotoalbum, das ich „The Cologne Wedding” betitelt habe. Es ist eine wahrhaft transatlantische Kombination aus einem US-amerikanischen Ready-made-Buchblock (Fotokarton mit Spinnenpapier), satt-grünem französischem Ziegenlammleder (als Überzug des Rückens mit falschen Bünden) und für den Umschlag handgemachtem deutschem Marmorpapier (in frühlingsfrischen Hochzeitsfarben). Das habe ich einer Buchbindefreundin abgeschwatzt, weil meine Vorräte alle farblich viel zu ‚heavy‘ gewesen wären.
Leider war der Buchblock wochenlang völlig schief und hammerfest in Folie eingeschrinkelt, weshalb er mir beim Verarbeiten Probleme bereitet hat: Er ließ sich mit keinem Trick der Welt mehr auf einen erträglichen Steigungswinkel bewegen - weder vorne steiler noch hinten flacher. Deshalb erfreut mich das Endergebnis dann doch ein wenig, nicht zuletzt, weil der Versuch, einen Buchumschlag mit Kölner Dom-Intarsien aus Iris-Leinen zu gestalten, vorher völlig daneben geraten war.
The Cologne Wedding Album
Mittwoch, 21. Mai 2008
Falzbeine
Im Laufe eines längeren Hobby-Buchbinder-Lebens sammelt sich halt dies und das im Werkzeugkistl an. Dies sind meine Falzbeine, Bonefolder im englischsprachigen Ausland genannt. Falzbeine sind, aus Rinderknochen hergestellte, überaus nützliche, preiswerte Gerätschaften, wenn man auch in schwer zugänglichen Ritzen und Falze Pappe, Leim, Bezugsstoffe richtig und feinfühlig zu ritzen, zu falzen, anzureiben oder gar anzupressen hat. Durch den Leim oder den Kleister wird das Material schön gefügig, aber auch zickig. Deshalb, Buchbinder-Hobbyist, sweep the bones, folder.
Mein Freund im Buchbindergeiste Uwe bezeichnet uns - sehr zum Entzücken der meist weiblichen (und englischsprachigen) Buchbinderleins in unserer news group als „Falzbeinschubser”, was frei übersetzt heißen könnte: „bonefolder pusher”. Nun können Sie selbst wählen, welcher Begriff Ihnen der ‚liebere‘ ist. Und wenn Ihnen ein gekochter, gebleichter und geschliffener Rindsknochen gar nicht gefällt, weil Sie veganische Bücher binden wollen, dann kaufen Sie sich doch ein gleißend weißes Falzbein aus Silikon, das kostet mindestens das 8 bis 10fache und kann auch nicht viel mehr. Eine falzbeinähnliche, handtellergroße Kleingerätschaft, die ursprünglich aus der Töpferei stammt, steht noch auf meinem Wunschzettel. Die gibt es nur in USA und wird aus Kirschholz gemacht. Damit lassen sich größere Flächen anreiben und große, volumige Papierbögen herrlich falzen. ‚Freue dich, Christkind kommt bald …‘.
Freitag, 16. Mai 2008
Ich darf mal zitieren? Thema Hand-Werk!
In der Online-Version der FAZ vom 16. Mai 2008 (FAZ.net) - Im Gespräch: Annie Proulx - Wie man Gegenstände richtig herstellt - finde ich dieses Zitat, dass ich mir und diesem Blog nicht vorenthalten darf:
«Weswegen lieben Sie das Handwerk?
Ich weiß es nicht. Ich mag Leute, die Dinge tun und sie gut erledigen. Ich mag Handwerkerstolz und das richtige Herstellen von Gegenständen. Das ist selten geworden. Daher fühle ich mich mehr denn je zu Leuten hingezogen, die etwas tun.»
Hach, da muss also eine weltberühmte Schriftstellerin (Schiffsmeldungen, Hinterland, Dirt, Brokeback Mountain usw.) aus den Tiefen der USA nach Deutschland kommen und mir das vor die Nase sagen. Schön. Das macht mein Wochenende, welches mit handwerklichen Sklavenarbeiten vollgestopft sein wird.
Das ganze, kurze Interview mit Annie Proulx finden Sie hier: http://tinyurl.com/5hmtp6
«Weswegen lieben Sie das Handwerk?
Ich weiß es nicht. Ich mag Leute, die Dinge tun und sie gut erledigen. Ich mag Handwerkerstolz und das richtige Herstellen von Gegenständen. Das ist selten geworden. Daher fühle ich mich mehr denn je zu Leuten hingezogen, die etwas tun.»
Hach, da muss also eine weltberühmte Schriftstellerin (Schiffsmeldungen, Hinterland, Dirt, Brokeback Mountain usw.) aus den Tiefen der USA nach Deutschland kommen und mir das vor die Nase sagen. Schön. Das macht mein Wochenende, welches mit handwerklichen Sklavenarbeiten vollgestopft sein wird.
Das ganze, kurze Interview mit Annie Proulx finden Sie hier: http://tinyurl.com/5hmtp6
Donnerstag, 15. Mai 2008
Think twice cut once!
Für die überschriebene Weisheit darf Edgar Mansfield, einer der berühmten englischen Großmeister der Buchbinderei, das Urheberrecht beanspruchen. Heute also des Schneidens zweiter Teil - Scheren. Von rechts nach links erscheinen: Ein bei Buchbinders gern gesehenes Werkzeug, die Pappschere, die unter dem merkwürdigen Namen ‚Sackschere‘ in verschiedenen Größen gehandelt wird. Dies ist meine kleine Version, gut 20 cm lang, Vor allem Pappe, Leder, Stoffe, natürlich auch Papier, egal, dieses sauscharfe Gerät (aus den 30er Jahren) kriegt alles klein. Die große Schwester (von manufaktum) gleicher Bauart und Herkunft erschien mir etwas zu schwer für die Scannerscheibe, ebenso wie die 32 cm lange Papierschere, auch bekannt als Büroschere. Die kleine Schere, die mit den schwarz ummantelten Grifflöchern, ist auch nicht ohne Schärfe und sehr spitz. Die nehme ich, um Fäden, Heft- u. Kapitalbänder auf Maß zu trimmen (gekauft im BuBi-Bedarf). Dann folgt meine Siluettenschere (vorne gerade! Die gekrümmten sind für Mani-/Pediküre, Dummchen.) Das ist ein sehr sensibles, diffiziles Dingelchen für Scherenschnittarbeiten. Die hat schon bei Grammaturen über 100 g/qm ihre Probleme. Ob sie deshalb so teuer gehandelt wird, wenn überhaupt? Ich habe Flohmarkt-Glück gehabt. Ach, und links aussen, das Pummelchen, ist eine Kinderschere, mit der man so was wie Büttenrand (Ahem!) schneiden kann. Für Etiketten reichts. Größere Maße müssen halt nach alter Väter Sitte gerissen oder gerauft werden.
Schließlich wird der genaue Beobachter feststellen, dass sich an meinen Scheren Rostblümchen zeigen. Auch wenn ich nach der Arbeit meine Werkzeuge sorgfältig säubere und auch einfette, irgendwas bleibt immer hängen, auch zum Beweis, dass BuBi-Leime und -Kleister ganz schön angriffslustig sein können. Im VHS-Kurs vor ein paar Jahren haben zwei ignorante MitspielerInnen dies nicht glauben wollen. Ein paar von den Scheren mussten wir vor dem Öffnen tagelang in Caramba baden, um sie dann entrosten zu können.
Samstag, 3. Mai 2008
Handwerkszeug: Messer
Nein, Sie müssen nicht glauben, ich sei ein Fetischist, der sich auf Messer kapriziert hat. Nee, viel prosaischer, ich bin Hobby-Buchbinder. Und als solcher benötige ich Messer mit unterschiedlichen Eigenschaften für alle möglichen Zwecke.
Beim Bücher binden oder beim Bücher reparieren müssen ständig Papier, Pappe, Textilien, Leder und sonstiges Material billiger oder edler Provenienz bearbeitet und zugeschnitten werden. Erfahrene Handwerker werden Ihnen bestätigen, dass es nichts schrecklicheres gibt, als stumpfe Werkzeuge.
Jedes meiner Messer (es sind noch nicht alle) hat seine Aufgabe und manches hat auch eine Geschichte.
Nehmen Sie das ‚Mercator-Messer’ rechts: Es ist groß, kräftig, billig, denn es hat nur einen Blechgriff. Dafür ist es weltweit seit den 19hunderter Jahren bekannt als sog. Werkzeugmesser. Es verzeiht alles, ausser Feuchtigkeit, denn es ist, wie die meisten guten Messer, nicht rostfrei. Den Winzling in der Mitte, habe ich immer in der Münztasche meiner Jeans stecken, geschützt durch ein kleines Lederetui - Mann kann ja nie wissen. Das Buchbindermesser mit der Kurzklinge muss ich niemand erläutern, es gibt noch einen Lulatsch im Werkzeugkasten mit 20 cm langer Klinge. BuBi-Messer sind an sich ganz genial, senkrecht mit der Spitze aufgestellt, lässt sich damit hervorragend ritzen; mit der flach aufliegenden Klinge schneiden. Damit Pappe zu schneiden ist allerdings eine Qual, es dauert ewig. Deshalb habe ich mir das No-Name-Messer (aus gutem Hause) mit 18 mm Abbrechklingen gekauft, das liegt hervorragend in der Hand. Das Messer mit der blattförmigen Doppelklinge ist gelegentlich sehr nützlich, es ist ein Radier- oder Retusche-Messer mit Ebenholzgriff aus meiner lange versunkenen Berufswelt. Damit durfte ich als Jungspund in der Agentur Tusche- oder Farbkleckse von den Reinzeichnungen runterschaben oder Layoutsatz abheben. Gelegentlich wurden dafür auch Rasierklingen ausgegeben. Aber die habe ich hier weggelassen. Oben sind dann diverse Skalpelle zu bestaunen. Das alleroberste ist meine neueste Errungenschaft, ein Martor-Boy mit 72er Klinge für 's Lederschärfen nach Roger Green, Wuppertal.
Nicht mit aufgenommen habe ich das Fläschlein mit dem farblosen Wunddesinfektionsmittel, das zusammen mit ein paar hygienisch verpackten Pflasterstreifen ebenfalls in der Schublade mit den Messern und den Ersatzklingen seinen Platz hat. Warum wohl?
Soviel für heute. Nächstes Mal schneiden wir weiter, dann aber mit einer der Scheren!
Beim Bücher binden oder beim Bücher reparieren müssen ständig Papier, Pappe, Textilien, Leder und sonstiges Material billiger oder edler Provenienz bearbeitet und zugeschnitten werden. Erfahrene Handwerker werden Ihnen bestätigen, dass es nichts schrecklicheres gibt, als stumpfe Werkzeuge.
Jedes meiner Messer (es sind noch nicht alle) hat seine Aufgabe und manches hat auch eine Geschichte.
Nehmen Sie das ‚Mercator-Messer’ rechts: Es ist groß, kräftig, billig, denn es hat nur einen Blechgriff. Dafür ist es weltweit seit den 19hunderter Jahren bekannt als sog. Werkzeugmesser. Es verzeiht alles, ausser Feuchtigkeit, denn es ist, wie die meisten guten Messer, nicht rostfrei. Den Winzling in der Mitte, habe ich immer in der Münztasche meiner Jeans stecken, geschützt durch ein kleines Lederetui - Mann kann ja nie wissen. Das Buchbindermesser mit der Kurzklinge muss ich niemand erläutern, es gibt noch einen Lulatsch im Werkzeugkasten mit 20 cm langer Klinge. BuBi-Messer sind an sich ganz genial, senkrecht mit der Spitze aufgestellt, lässt sich damit hervorragend ritzen; mit der flach aufliegenden Klinge schneiden. Damit Pappe zu schneiden ist allerdings eine Qual, es dauert ewig. Deshalb habe ich mir das No-Name-Messer (aus gutem Hause) mit 18 mm Abbrechklingen gekauft, das liegt hervorragend in der Hand. Das Messer mit der blattförmigen Doppelklinge ist gelegentlich sehr nützlich, es ist ein Radier- oder Retusche-Messer mit Ebenholzgriff aus meiner lange versunkenen Berufswelt. Damit durfte ich als Jungspund in der Agentur Tusche- oder Farbkleckse von den Reinzeichnungen runterschaben oder Layoutsatz abheben. Gelegentlich wurden dafür auch Rasierklingen ausgegeben. Aber die habe ich hier weggelassen. Oben sind dann diverse Skalpelle zu bestaunen. Das alleroberste ist meine neueste Errungenschaft, ein Martor-Boy mit 72er Klinge für 's Lederschärfen nach Roger Green, Wuppertal.
Nicht mit aufgenommen habe ich das Fläschlein mit dem farblosen Wunddesinfektionsmittel, das zusammen mit ein paar hygienisch verpackten Pflasterstreifen ebenfalls in der Schublade mit den Messern und den Ersatzklingen seinen Platz hat. Warum wohl?
Soviel für heute. Nächstes Mal schneiden wir weiter, dann aber mit einer der Scheren!
Freitag, 2. Mai 2008
NEUES von Maestra Arregui
Carmencho Arregui, ist Buchbinderin und Buchkünstlerin, in Spanien geboren, in Italien lebend und arbeitend und in ganz Europa ihre Buchbindetechnik lehrend. Richtig bekannt wurde sie durch die Publikation einer Eigenentwicklung, der „Cross Structure Binding”-Technik im „New Bookbinder”. Gerade hat sie eine weitere neu entwickelte Bindetechnik, „Label Binding” ihrer staunenden Fan-Gemeinde präsentiert.
Apropos Präsentieren: Neben ihren subtilen und anspruchsvollen Buchbinde- und Restaurierungsarbeiten hat sie eines ihrer „Nebenprodukte” weiterentwickelt. Sie nennt ihr Display „T-mostro”. Wenn ich als alter Papier- und Pappenfrickler das richtig einschätze, kann sich der geneigte Amateur auf einer Schneideunterlage mit Messer, Lineal, Winkel und ein paar „Bulldogclams” feine, flach zusammenlegbare Displays bauen. Persönliche Anmerkung: Es muss ja nicht handgeschöpfter schwerster Büttenkarton erster Güte sein, für den Camench0 so schwärmt. Ich denke, La Maestra wird nicht böse sein, wenn man eine schöne Feinwelle oder einen geeigneten Karton benutzt, dessen Oberfläche man vielleicht mit etwas Akrylfarbe coloriert und mit etwas stark verdünntem Buchbinderleim Glanz verleiht. [Bildquelle: outofbookbinding.com]
Histoire de Charles XII
So ein schönes Buch, …
… hat Claudia Renetzki geschaffen, handwerklich gearbeitet, IMHO aussergewöhnlich schön, und ja, witzig, was man gemeinhin von einer deutschen Buchgestalterin nicht erwartet. Klicken Sie hier; es gibt noch viel mehr zu sehen. [Bildquelle: renetzki.de]
Montag, 28. April 2008
Lernen bis der Zwirn reisst
Von hier nach Wuppertal ist es nicht weit, rund 50 km, zwei Autobahnen stehen zur Wahl, verschiedene wild romantische Landstraßen führen aus dem Bergischen Land in die Kölner Bucht. Verbunden sind die beiden Städte auch buchbinderisch, weil der nächsterreichbare Buchbindebedarf (rpk) in Köln firmiert. Wie aber bin ich nach W'tal gekommen? Zusammen mit meinen im Geiste verbundenen Freunden Astrid und Uwe habe ich in den vergangenen Wochen und Monaten nach Fortbildungsmöglichkeiten für uns anspruchsvolle Buchbinde-Hobbyisten gesucht, wohl wissend, dass dies in Doitschland nicht so einfach ist, wie man gemeinhin glauben mag. Dass ich dabei auf einen gewissen Starrsinn in Bezug auf uns Amateure gestoßen bin, hat mich gar nicht wenig gewundert. Dass ich dabei in Wortkriege verwickelt wurde, in denen die lehrbuchmäßige Definition, was z.B. ein Franzband ist oder sei oder nicht zu sein hat, hat mich sehr gestört, später dann aber kalt gelassen. Was mich wirklich angefreakt hat, war eine stolz verbreitete Geheimniskrämerei unter den Buchbindern, die bereits signifikante Züge von Paranoia aufwies.
Und dann das … Das Wochenendangebot von Roger Green, einem genuinen Süd-Engländer mit wissenschaftlichem Hintergrund, fundamentalen Handwerkerkenntnissen und einer herrlich altmodischen Etage in einem der typischen Wuppertaler Fabriksken. Astrid und ich haben es gerne angenommen. Wir haben zusammen mit 4 weiteren Amateuren dort gelernt, ein selbstgeheftetes Buch mit Ledereinband herzustellen; „mit allen Schikanen”, sozusagen. Wichtig zu wissen ist, dass Mr. Green ein stark ausgeprägtes ergologisches Denken und Handeln sein eigen nennt und positive Erkenntnisse konsequent umsetzt und weitervermittelt.
Als alter Hobby-Buchbinder wurde mir schnell klar, mein buchbinderisches Wissen ist mit knapp 20 Jahren (plus die 20 Jahres meine Gurus dazugerechnet) auf einem richtig schön antiquierten Stand stehen geblieben! Nicht alles ist zu verwerfen, nein das nicht, aber vieles zu überdenken.
Schlusssatz: Mein in blaues Ziegenspalt-Leder gebundenes Büchlein (Block aus 170 g handgeschöpftem ‚Himalaya-Papier’) ist unscheinbar, schlicht, fasst sich aber sauber an. Es braucht noch ein wenig Schmuck (Erstentwurf im Hintergrund zu sehen). Es ist ordentlich gearbeitet, es lässt sich leicht öffnen und bleibt offen flach liegen. Was will der Hobbyist mehr? Dies: Roger Green für die 2tägige Lektion herzlich danken, das Versprechen einlösen, die ausgeliehene Zeitschrift zurückzuschicken und im Herbst zum Pergament-Wochenende wiederzukommen.
Sonntag, 13. April 2008
Beispielhafte Einbandgestaltung von Jordan Crane für Michael Chabon
Ist „Maps and Legends” eine Sammlung von Novellen über Cartoons, vielleicht ein ganzes Buch über Cartoons? Yes, Sir, straight from the U.S., woher denn sonst? Es kommt aus einem sehr unbekannten Verlag, von einem dieser berühmten unter Hungeroedemen leidenden Verleger, der seine Bücher mit lebensgefährlicher Leidenschaft und detailversessener Qualität macht. Klicken Sie sich mal hin, Sie werden staunen.
Wenn auch manches Thema bei McSweeney's nicht jederdeutschmanns Sache ist, an der Buchausstattung liegt es nicht, die ist beispielhaft und über jeden Zweifel erhaben.
Neuester Coup ist Jordan Crane's Cover Art für Michael Chabon's Neuerscheinung „Maps and Legends - READING AND WRITING ALONG THE BORDERLANDS”. Crane gestaltete drei (!) verschiedene farbige Schutzumschläge, ein jeder für sich sehr hübsch; und zusammen machen sie halt den Clou aus. Oder kennen Sie ein Buch mit 3 verschiedenen Schutzumschlägen? 2 verschiedene, ja, kenn' ich, machen manche Edelverlage gelegentlich, 3 gleiche, ja, bei teuren Büchern mit limitierter Auflage schon gesehen, aber gleich 3 verschiedene?
Zitat aus McSweeney's April Update: „Chabon has brought us ‚Maps and Legends’, his first nonfiction collection, hailed by Harper's , humbly bedecked by us in not one, nor two, but three lavishly staggered book jackets by the great Jordan Crane, and filled with all the ardent insight and lustrous prose you'd expect from the man, on everything from comics to Cormac McCarthy to the sources of his splendid work.”
Link zum Buch | Link zum Design | Link zur Bestellalternative |
Bildquelle: ©McSweeney's
Freitag, 4. April 2008
Buchskulpturen
Brian Dettmers Book Autopsies
sind herrliche, gelegentlich makabere Skulpturen, die vom Künstler aus oder mit mehr oder weniger alten Büchern geschaffen werden. Mehr Dettmer-Arbeiten sind :: hier :: zu bestaunen.
Donnerstag, 3. April 2008
Nützliche Hinweise
Ich habe Post!
Ein seltenes morgendliches Vergnügen heute — ich freue mich über eMail von Unbekannt. Und ich werde begründen, warum. Zwischen dem alltäglichen Driss und Dreck, gerne auch ‚Spam’ genannt, und von mir ungesehen vernichtet, finde ich heute 2 Mails, die mich erfreuen. Von der einen werde ich später im Jahr, von der anderen möchte ich sofort berichten.
EIN---AUS sind MICHAEL SCHMITZ und ALEXANDER KLAR
Herr Schmitz, der mir schreibt, stellt mir die Ergebnisse der gemeinsamen Arbeit vor, die er mit seinem Partner, Herrn Klar, in den letzten Monaten und Jahren geschaffen hat. Es geht also um Kunst(-Schaffen), da bin ich per se interessiert. Das Künstler-Duo EIN---AUS ist unabhängig, nur sich selbst verpflichtet und domiziliert an einem sehr kölschen Platz, der Palanterstraße, eine Name, den man eigentlich nur in Lautschrift abbilden dürfte. Die eMail schmeichelt auch meiner Eitelkeit, denn die Herren haben mein Blog „Kölns Beste Plätze“ gelesen.
Herr Schmitz wirbt für (s)eine Lose-Blatt-Sammlung. EIN---AUS hat sich für eine kunsthistorisch gut dokumentierte Art des Vertriebs von Kunst entschieden, die auch schwächelnden Budgets und blutigen Anfängern unter den Kunstliebhabern entgegenkommt. Die Beispiele dafür, wie schön, wie interessant und wie wert—voll abonnierte Kunsteditionen sein können, konnte ich schon öfter bei meinem Freund Werner [ Buch-und-Kunst ] feststellen.
Der angeklickte EIN---AUS Webauftritt zeigt mir, dass die Künstler-Partnerschaft Schmitz/Klar noch ein Detail aufweist, das sie mir (sehr) sympathisch macht: Herr Schmitz wird beim buchbinderischen Handwerkeln vom ‚Das Drehbuch’ dokumentiert, einschließlich eines Verweises auf das (IMHO leicht überflüssigen) Handhabungsvideos bei YouTube. Damit bin ich schon am Ende meiner Lobeshymne (einschl. 1 obligatorischen Wermutstropfens) angelangt.
Ah, und damit ich nicht vergess' zu erwähnen: Dieser ironische Tonfall, liebe Herren Schmitz und Klar, der gefällt mir sehr. Fehlen nur noch ein „Dreh, das Buch zu kaufen” und die noch aufzutreibenden 70 EUROS, denn einen Online-Shop zwecks Erwerb des Werkes finde ich :: hier ::
AUGENFUTTER
:: BibliOdyssey :: vom australischen Blogger peacay ist eines der schönsten Online-Bilderbücher der Welt. Was es dort zu sehen gibt? „Books, Illustrations, Science, History, Visual Materia Obscura, Eclectic Bookart”. Bitte klicken Sie öfter hin, aber sagen Sie nicht, ich hätte Sie nicht gewarnt. Es werden lange Abende. Mein Tip für heute ist das Suchwort „victorian”; und nun wird es noch länger dauern, bis Sie sich losreissen können.
Montag, 10. März 2008
Hier kommt ein Cartoon
Trevors Urheber, Ralf Zeigermann, war nach eigener Aussage letzte Woche ‚bored’. Vielleicht sollte der Mann noch öfter gelangweilt am Zeichenstift nagen. Ach, Ihr lieben Bücherfreunde, klickt doch auch einmal zu den literarischen Arbeiten des Cartoonisten. Es lohnt sich.
Sonntag, 9. März 2008
Das viktorianische Aquarellbuch
Mein älterer Schwager feiert Ostern seinen 75. Geburtstag. Früher, als seine Augen noch richtig gut waren, zeichnete er - neben seiner Arbeit als GraficDesigner - viele kleine, allerfeinst gestrichelte Karikaturen oder großformatige Blätter mit hunderten klitzekleiner Details. Weil seine Augen nicht mehr so sind, wie er sich das wünscht, ist die Pitzelarbeit mit spitzer Feder nicht mehr möglich. Also wurde der Hobby-Buchbinder-Schwager pädagogisch und machte ihm ein ‚Malbuch’ für Erwachsene.
Den Block habe ich aus einem sehr schönen Aquarellpapier (offwhite) mit kräftiger, zeichenfederfeindlicher Oberflächenstruktur gebunden. Das Material heisst Silberburg (ca. 110 g/qm), Format A4, ist handgeschöpft und kann kostengünstig bei boesner (auch einzeln) erworben werden. Einmal auf A5 gefalzt und in Zweierlagen auf Band geheftet erwies es sich als verarbeitungsfreundlich.
Mein Umschlag hat ein Vorbild aus viktorianischer Zeit. Das handgemachte Marmorpapier stammt von Payhembury in Schottland, deren Farbpapiere großen Vorbildern in den Bibliotheken Londons und Edinburgs folgen. (Anm.: Die Website ist momentan leider ‚down’.) Auf der Titelseite habe ich ein kleines Leer-Etikett aufgeklebt, dabei ist das putzige Effektscherchen, das mir die flotte Apothekerin im Kaufland geschenkt hat, zum Einsatz gekommen. Die Vorlage sah eigentlich einen Lederrücken vor sowie Leder…, äh, ja, wie nennen sich die senkrechten Dinger denn: Stege?). Aus ökonomischen Gründen habe ich diesen Luxus durch feines Regent aus meinem Bestand ersetzt.
Als nächsten bau ich mal ein Aquarellbuch nach, das mich vor Jahren auf einer Ausstellung Turner'scher Rhein- und Mosel-Aquarelle fasziniert hat. Darin hat der Mann im Gehen (!) seine Skizzen aquarelliert - teilweise auf jeansblauem Bütten (Kattun-Bütten, blass- indigo gefärbt). Was es auch zu Turners Zeiten zu kaufen gab: ‚Rope-Paper’ aus alten Schiffstauen und Mumien-Papier aus - äh, ja, wie der Name schon sagt, ‚Original ägyptischen Mumien’, die zu diesem Zweck Schiffsladungsweise nach England gelangten. Wozu dieses ‚Papier’ diente, weiss ich wirklich nicht.
Sonntag, 2. März 2008
Buchvital - Kurzbericht
Pharmacopoea Borussica
Die Preussische Pharmakopoe,
übersetzt und erläutert von Friedr. Phil. Dulk, etc. pp.
Dieses Werk hat nichts damit zu tun, dass am Ende gar einer der Fußball-Großvereine im Ruhrgebiet seinen Tabellenstand pharmakologisch aufbessern würde. Gott bewahre, nein, dieses hochinteressante, auch heute gut lesbare Buch enthält das offizinelle pharmakologische Wissen von 1845 im deutschsprachigen, preussisch orientierten Raum. Sicher gab es ein ähnliches Werk bei Preussens großem K.-u.-K.-Nachbarn. Falls nicht, macht es auch nichts, denn dieses wird bald in den niederösterreichischen Raum abwandern, zusammen mit vielen anderen, darunter auch ein paar von mir revitalisierten Büchern.
Dieses hier kam ohne Rücken und Vorsätze zu mir, war völlig verdreckt, duftete stark nach Kohlenheizung. Die Deckel wollte ich ursprünglich nur erhalten, weil das Marmorpapier (?) ein heute nicht mehr zu findendes Muster zeigt. In die ‚neue’ Decke eingearbeitet, stellte sich beim Einhängen des Buchblocks heraus: Das war weise, denn der gehobelte und mit Farbschnitt versehene Block war a) nicht rechtwinklig und b) in sich schief. Ein akademisch- millimetergenauer neuer Umschlag wäre also die Katastrophe gewesen. Die Schabestellen habe ich mit ein wenig Akryl retuschiert und (nach dem Foto) mit Bienenwachs-Balsam vorsichtig bearbeitet.
Sonntag, 24. Februar 2008
Künstlerbücher, Editionen, Buchobjekte
Leise, ganz leise, weil promotionsfrei, eröffnete am letzten Freitag, 22. 02. 08, die 5. editionale im Neuen Kunstforum in der Südstadt. Gestern haben wir diesen kleinen, feinen „Event” besucht: Bücher, Bücher über Kunst, Kunstbücher, Künstlerbücher, gerne nummeriert, signiert oder auch als einmalige Objekte, finden immer mein besonderes Interesse. Perfekt geleimte Industriebücher, äußerlich glanzgelackt, innerwärts schnell und umsatzfördernd zusammengetackert findet man in der Halle des Atelierbaues am Alteburger Wall nicht - oder nur als Ausgangsmaterial für eigene, neue Buchobjekte.
In die karge, lichtdurchflutete Halle sollte man alle diejenigen führen, die gerne wissen wollen, wie ein vom Künstler gestaltetes, vom Typografen gesetztes und vom Buchbinder ausgeformtes „richtiges” Buch aussieht, wie es sich anfühlt, wie es sich im Kopf festsetzt - ja, und dass es die Brieftasche nicht über Gebühr strapazieren muss.
Mein Interesse galt nicht so sehr den wiedererstandenen Techniken der vervielfältigten Illustration (Linoldruck und -ätzung, Holzschnitt und -radierung und den bestaunenswerten Setzer- und Druckerkünsten, die aus vielen Werken strahlen. Wermutstropfen fand ich auch, denn mir persönlich wurde beispielsweise zu oft zu stark spationierte Helvetika eingesetzt.
Ich wollte herausfinden, ob - und wenn ja wie - die digitalen Techniken in den erlauchten Kreis elitärer Handpressendrucke eingezogen sind. Die ersten sind schon da - und haben herrliche Objekte mitgebracht. Bis auf wenige, weil frei interprätierte „Buchobjekte” war auch die buchbinderische Qualität der gezeigten Stücke gut bis hervorragend. Allerdings waren so gut wie keine Koperten zu sehen.
Meine Auswahl ist EINIGERMASSEN repräsentativ, allerdings SEHR subjektiv. Was ich zu berücksichtigen bitte:
Klaus Raasch, Hamburg
Astrid Konter, Frankfurt/M
John Gerrard, Rheinbach
Despalles/Strugalla, Paris, Mainz, Köln
Besucht haben wir die auch Fördertische der Alanus-Hochschule, Alfter, und Tischpräsentationen einzelner Künstlerinnen und Künstler und natürlich auch diejenigen Aussteller, die nicht im Internet präsent sind .
Ein Beispiel aus Köln ist die Katrin Stangl, die in beiden Welten zu Hause ist. Sie zeigte von Hand geschnittene und gedruckte Illustrationen gleichberechtigt neben feiner Computer-Typografie. Auch das hat mir gefallen.
Also: Sie wollen unter die Büchermachen? Warum zögern Sie noch? Es ist doch alles da. Und das meiste davon steht auf/unter Ihrem Schreibtisch. Nur machen, das müssen Sie schon selbst. Und sehen Sie zu, dass Sie wenigstens die Kosten wieder einspielen. Viel Geld können Sie von einer Klein-Edition nicht erwarten - aber viel Spass und das Gefühl, aktiv dem Verschwinden der wichtigsten Kommuniktionstechniken unserer Kultur entgegenzuarbeiten.
Astrid Konter, Frankfurt/M
John Gerrard, Rheinbach
Despalles/Strugalla, Paris, Mainz, Köln
Besucht haben wir die auch Fördertische der Alanus-Hochschule, Alfter, und Tischpräsentationen einzelner Künstlerinnen und Künstler und natürlich auch diejenigen Aussteller, die nicht im Internet präsent sind .
Ein Beispiel aus Köln ist die Katrin Stangl, die in beiden Welten zu Hause ist. Sie zeigte von Hand geschnittene und gedruckte Illustrationen gleichberechtigt neben feiner Computer-Typografie. Auch das hat mir gefallen.
Also: Sie wollen unter die Büchermachen? Warum zögern Sie noch? Es ist doch alles da. Und das meiste davon steht auf/unter Ihrem Schreibtisch. Nur machen, das müssen Sie schon selbst. Und sehen Sie zu, dass Sie wenigstens die Kosten wieder einspielen. Viel Geld können Sie von einer Klein-Edition nicht erwarten - aber viel Spass und das Gefühl, aktiv dem Verschwinden der wichtigsten Kommuniktionstechniken unserer Kultur entgegenzuarbeiten.
Montag, 11. Februar 2008
Bücher, nichts als Bücher …
Falsch, hier gibt nichts weniger als schöne Bücher, seltene Bücher, edle Bücher, illustrierte Bücher … , halt die ganze herrliche Range, die der Markt für antiquarische Bücher für den Such-und-Finder bereit hält. Darüber hinaus hat der in Australien angesiedelte Blogger (Bloggerin ?) ein wunderschönes Archiv geschaffen. Surfbefehl! Immer wieder!
http://bibliodyssey.blogspot.com/
http://bibliodyssey.blogspot.com/
Samstag, 9. Februar 2008
Chef-Designer
Schönes Beispiel für Alltagstypografie, bei der ich manchmal mild lächle, gelegentlich waidwund aufbrülle und oft denke, dass in einem erfolgreichen Familien-Unternehmen Typografie, ach was schreib ich da, Grafic-Design meistens Chef-Sache ist. Ich finde, das sieht man dann auch. Hier: Für den Sprüh vom verschnarchten Vorstadtspritzer da daneben, dafür kann ChefIn nix. Mehr Beispiele werden folgen.
Montag, 14. Januar 2008
Donnerstag, 10. Januar 2008
Buchvital - Kurzbericht von der Wiederbelebung zweier Buchruinen
Mein Freund Hannes hatte schon nicht mehr an die Revitalisierung seiner beiden Buchruinen aus dem 19. Jhr. geglaubt. Hätte er gewusst, dass die beiden Schätzchen schon vor Weihnachten fertig wurden, er hätte sicher darauf bestanden, nicht auf die traditionelle Bescherung warten zu müssen.
Nr. 1, das Handlexikon, stammte ursprünglich aus einer k.u.k-Jungenbildungsanstalt (ca. Anno 1845). Ihm fehlte komplett der Einband, lediglich der Rücken war mit Isolierband angepappst worden. Also: Zerlegen, putzen, neu heften, ableimen etc.; ein neuer Einband, Halbtextil in imperialem Rot mit ‚feinstem’ Wolkenmarmor, musste her. Ein kleines Etikett im Stil der Zeit habe ich hinzugefügt und dabei festgestellt, dass Buchbinderkleister den Laserdruck anlöst. Und so schauten das neue Etikett (+ ich) ziemlich alt aus. Da das Buch auf holzschlifffreiem Bütten gedruckt war und die alte Heftung sich gut entfernen ließ, die altgestochenen Löcher an keiner Stelle ausgerissen waren, habe ich mit starkem Leinenzwirn wieder auf Hanfschnur geheftet. (Früher war manches wirklich besser, ganz besonders das Papier.)
Die zweite, wieder zum Buchleben erweckte Ruine, eine Illustrierte Naturgeschichte aus gleicher Quelle machte viel mehr und subtileren Stress, es war halt ein Buch aus rein industrieller Produktion der Fa. Brockhaus (ca. 1885). Der Lederrücken bestand größtenteils aus Mumienpulver, lediglich ein Teil des Rückenschildes konnte ich retten und später aufkleben. Die Bindung war völlig desolat, die teilweise durch die Rückegaze gedonnerten Heftklammern durch die Leimung schön festgerostet. Also: Zerlegen, Klammern ziehen, säubern und zwischen den alten Klammerlöchern neu auf Band heften. Größere Rissstellen in den Lagen mit Japanstreifen überklebt und so stabilisiert. Mit dem blind-, mehrfarb- und goldgeprägten Titel- und Rückenteil einen neuen Umschlag gefertigt (Pappe gespalten, ‚Scharnier’ auf Schrenzpape mit schwarzem Regent bezogen und eingeleimt, grobe Farbfehler vorsichtig überretuschiert und das Gold mit einem Poliertuch aufgemöbelt. Dann von dem alten, sehr schön gestalteten Vorsatz Farbfotokopien (Laufrichtung!) machen lassen und über den technisch notwendigen Vorsatz aufgeklebt, da ich dem Fotokopierpapier misstraut habe. Auf der 3. Umschlagseite einen Manilafrosch aufgeleimt, der die nicht mehr heftbaren Seiten der letzten Lage aufzunehmen hatte.
Gotcha, Freund Hannes hatte seine (Weihnachts-)Freue.
Beste Vorsätze: No. 1 – Mehr ist mehr
Einer der Merksätze, die mir ein Kreativ-Guru der Agentur mit auf den Weg gab, bei der ich den ehrenwerten Beruf des Werbekaufmanns gelernt habe (i.e. Limmi Limbach, vulgo Bonduell, Siegwerk Farben etc.) war der, dass unsereiner nur beim Besten klauen sollte. Nun, das tue ich hiermit, denn im vergangenen Herbst postete Erik Spiekermann mitten in sein spiekerblog die lustvolle Erkenntnis hinein, [Zitat] … war die letzte Zeit nicht sehr aktiv. Ich war wohl zu ehrgeizig und habe nur nach ‚wertvollen’ Themen gesucht. Damit ist es nun vorbei.” And so do I.
Und dann fand ich in meinem backup (ja, ja, die olle Externe trägt stolz den lyrischen Namen ‚Dataheaven’ und jaulte vor Freude auf, als ich sie startete) diese Karikatur meines ehemaligen Madaus-IT-Kollegen Andreas Oeldemann aus seligen Projektzeiten. Sie passt prima zu meinen gelegentlichen Murr-Attacken - nachdem ich ihr ein wenig typographisches Craquelé verpasst habe.
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