Dienstag, 3. Juni 2008

„Label Binding” nach Carmencho Arregui



Buchbinden ist - vor allem und ganz besonders - in unserem Kulturkreis eine sehr festgefügte Angelegenheit. Es steht in der Öffentlichkeit nahezu vollständig unter der handwerkskammerlichen Fuchtel und ist somit auf dem allerbesten Weg irreversibel zu versteifen. Vorbild für einige Hartleibigkeiten sind wohl die bewährten superfesten, vielfach verleimten und mit Gaze etc. verstärkten Buchbindungen - bewährt, bewertbar, aber nichts Neues. Ich habe garnichts gegen ein perfekt gebundenes Buch, nein, wirklich nicht! Doch ich freue mich über jeden Menschen, der sich als „freie/r” Buchbinder/in bezeichnet. Ich freue mich über jeden Menschen, der Bücher mit Leidenschaft bindet.
Eine Buchbinderin, die beides - professionelle Perfektion und leidenschaftliche Experimentierlust erfolgreich miteinander verbindet - ist Carmencho Arregui (CA). Sie ist spanischer Herkunft, multikulturell (aus)gebildet, wohnt und arbeitet in Venedig, lehrt und lernt in ganz Europa. Sie ist über jeden handwerklichen Zweifel erhaben, sonst hätte sie nicht die Aufträge von Museen und Sammlern, von denen sie lebt. Sie hat sich darüber hinaus schon mehrfach die Aufmerksamkeit der Buchbindergemeinde gesichert, nicht zuletzt mit ihrer vielfach adaptierten Cross Structure Binding.
Vor allem ihre leimfreien Bindungen interessieren mich und auch, warum leimfreie Bindungen in den letzten Jahren solch weite Verbreitung gefunden haben. Dieses Frühjahr also mailte CA ihre Bekannten und Freunde an und wies auf ihre neueste Publikation hin: The Label Bindung :: Link ::
Dazu meine Erfolgsmeldung: Es hat funktioniert; auch mit vorsichtigen Abweichungen von CAs Arbeitsanweisungen. Mein fotografiertes Ausfallmuster ist vielleicht ein wenig farblos, aber vollständig aus vorhandenem Material gemacht: Büttenpapier, Büttenkarton, gewachster Zwirn. Das von CA geforderte Stück Pergament für das ‚Label’ habe ich mangels Material durch ein Kompositum aus handgeschöpftem Bütten und einem Stückchen Tyvek ersetzt. Netto-Arbeitszeit, vom Falzen und Beraufen des Velin-Papiers für den Block bis zur Fertigstellung des Büchleins ca. 1,5 – 2 Stunden, die sich durch Routine verkürzen lassen. An manchen Stellen ist etwas Feinmotorik gefordert. Die im Bild zu sehenden Löcher, im Original 0,5 mm groß und mit einem japanischen Puncher gestanzt, sind mir zu fett, beim nächsten Mal nehm ich halt die Vorstechahle.
Die Selbstbau-Heftlade nebst aktueller Modifikation, auf der CA-Website genau beschrieben, habe ich mit meinen handwerklichen Möglichkeiten angepasst. Im Original wurde zum Zurückhalten des Umschlags beim Heften des Blocks eine Metallstange zwischen die Schraubzwingen geschweißt. Ich habe ein passend zugesägtes Hartholzstäbchen namens ‚Riffelholz‘ mit zwei Kabelbindern befestigt. Das funktioniert bestens und CA wird es sicher nicht stören.

2 Kommentare:

tulibri hat gesagt…

Das schaut ja sehr vornehm aus! Wenn ich es richtig durchschaue, werden die Lagen auf Schnur geheftet, und bei der ersten wie letzten Lage über die Einbandaußenseite geführt, um sowohl mit dem Einband zu verbinden als auch das Label zu befestigen? Oder ist das Label an den Heftschnüren befestigt? Schöne Grüße, tulibri

PETER ZILLIG hat gesagt…

hi, Astrid: Vornehm geht die Welt zu Grunde! Ich wollte erst mal die Bindung lernen. Beim nächsten Büchlein wird dann gestaltet. Mit deiner Einschätzung „how-to” hast du Recht, die Heftschnüre werden durch das Label geführt, gestrafft und dann verklebt. Funktioniert bestens. Ich denke auch schon über alternative „Label” nach.