Samstag, 28. Juni 2008

Hohes Lob für treue Dienste


Eines Tages konnte ich zum Schrottpreis eine wirkliche Kostbarkeit aus den frühen 60 Jahren kaufen: Eine Hebelschneidemaschine der Firma Schimanek. Ich habe vergessen, wie viele Kilo der Klotz wog, den ich mit meinem halbwüchsigen Sohn auf den LKW gehievt und in meinen Keller geschleppt habe. Schwer war's, wirklich, obwohl das Gerät zerlegt war. Das Messer lässt sich nachschleifen, sowieso, und auch, wenn man, wie mir geschehen, eine lose herumvagabundierende Heftklammer übersieht und so dem haarscharfen Messer zwei unnütze Zahnlücken per Hebelkraft aufzwingt.
Die HS 46 ist eine feine, rein mechanische Maschine, zuverlässig und ziemlich unkaputtbar. Und, siehe da, als ich dem Gerät etwas technischen Support angedeihen lassen wollte (Reinigen, Ölen, justieren nach Messer- u. Scheidbalken-Wechsel, etc.) bekam ich auf Anfrage umgehend vom Hersteller genau das was ich benötigte. Für eine neue Kurbel muss ich allerdings noch ein wenig sparen; Ersatzteile aus Guss mit präzise geschnittenen Gewinden kosten halt. Ein Blick auf die Schimanek-Website zeigt, dass deren Geräte immer noch in der Qualitätsklasse ‚heavy-duty’ zu finden sind. Und die hat halt ihren Preis. Ich habe Sie gewarnt. Aber wollten Sie nicht immer schon Ihren Enkeln etwas vererben, das diese auch wieder vererben können? Aber vielleicht lackiere ich das dicke Ding mal in Original-Harley-Davidson-Farben um.

Dienstag, 3. Juni 2008

„Label Binding” nach Carmencho Arregui



Buchbinden ist - vor allem und ganz besonders - in unserem Kulturkreis eine sehr festgefügte Angelegenheit. Es steht in der Öffentlichkeit nahezu vollständig unter der handwerkskammerlichen Fuchtel und ist somit auf dem allerbesten Weg irreversibel zu versteifen. Vorbild für einige Hartleibigkeiten sind wohl die bewährten superfesten, vielfach verleimten und mit Gaze etc. verstärkten Buchbindungen - bewährt, bewertbar, aber nichts Neues. Ich habe garnichts gegen ein perfekt gebundenes Buch, nein, wirklich nicht! Doch ich freue mich über jeden Menschen, der sich als „freie/r” Buchbinder/in bezeichnet. Ich freue mich über jeden Menschen, der Bücher mit Leidenschaft bindet.
Eine Buchbinderin, die beides - professionelle Perfektion und leidenschaftliche Experimentierlust erfolgreich miteinander verbindet - ist Carmencho Arregui (CA). Sie ist spanischer Herkunft, multikulturell (aus)gebildet, wohnt und arbeitet in Venedig, lehrt und lernt in ganz Europa. Sie ist über jeden handwerklichen Zweifel erhaben, sonst hätte sie nicht die Aufträge von Museen und Sammlern, von denen sie lebt. Sie hat sich darüber hinaus schon mehrfach die Aufmerksamkeit der Buchbindergemeinde gesichert, nicht zuletzt mit ihrer vielfach adaptierten Cross Structure Binding.
Vor allem ihre leimfreien Bindungen interessieren mich und auch, warum leimfreie Bindungen in den letzten Jahren solch weite Verbreitung gefunden haben. Dieses Frühjahr also mailte CA ihre Bekannten und Freunde an und wies auf ihre neueste Publikation hin: The Label Bindung :: Link ::
Dazu meine Erfolgsmeldung: Es hat funktioniert; auch mit vorsichtigen Abweichungen von CAs Arbeitsanweisungen. Mein fotografiertes Ausfallmuster ist vielleicht ein wenig farblos, aber vollständig aus vorhandenem Material gemacht: Büttenpapier, Büttenkarton, gewachster Zwirn. Das von CA geforderte Stück Pergament für das ‚Label’ habe ich mangels Material durch ein Kompositum aus handgeschöpftem Bütten und einem Stückchen Tyvek ersetzt. Netto-Arbeitszeit, vom Falzen und Beraufen des Velin-Papiers für den Block bis zur Fertigstellung des Büchleins ca. 1,5 – 2 Stunden, die sich durch Routine verkürzen lassen. An manchen Stellen ist etwas Feinmotorik gefordert. Die im Bild zu sehenden Löcher, im Original 0,5 mm groß und mit einem japanischen Puncher gestanzt, sind mir zu fett, beim nächsten Mal nehm ich halt die Vorstechahle.
Die Selbstbau-Heftlade nebst aktueller Modifikation, auf der CA-Website genau beschrieben, habe ich mit meinen handwerklichen Möglichkeiten angepasst. Im Original wurde zum Zurückhalten des Umschlags beim Heften des Blocks eine Metallstange zwischen die Schraubzwingen geschweißt. Ich habe ein passend zugesägtes Hartholzstäbchen namens ‚Riffelholz‘ mit zwei Kabelbindern befestigt. Das funktioniert bestens und CA wird es sicher nicht stören.