Montag, 28. April 2008

Lernen bis der Zwirn reisst



Von hier nach Wuppertal ist es nicht weit, rund 50 km, zwei Autobahnen stehen zur Wahl, verschiedene wild romantische Landstraßen führen aus dem Bergischen Land in die Kölner Bucht. Verbunden sind die beiden Städte auch buchbinderisch, weil der nächsterreichbare Buchbindebedarf (rpk) in Köln firmiert. Wie aber bin ich nach W'tal gekommen? Zusammen mit meinen im Geiste verbundenen Freunden Astrid und Uwe habe ich in den vergangenen Wochen und Monaten nach Fortbildungsmöglichkeiten für uns anspruchsvolle Buchbinde-Hobbyisten gesucht, wohl wissend, dass dies in Doitschland nicht so einfach ist, wie man gemeinhin glauben mag. Dass ich dabei auf einen gewissen Starrsinn in Bezug auf uns Amateure gestoßen bin, hat mich gar nicht wenig gewundert. Dass ich dabei in Wortkriege verwickelt wurde, in denen die lehrbuchmäßige Definition, was z.B. ein Franzband ist oder sei oder nicht zu sein hat, hat mich sehr gestört, später dann aber kalt gelassen. Was mich wirklich angefreakt hat, war eine stolz verbreitete Geheimniskrämerei unter den Buchbindern, die bereits signifikante Züge von Paranoia aufwies.
Und dann das … Das Wochenendangebot von Roger Green, einem genuinen Süd-Engländer mit wissenschaftlichem Hintergrund, fundamentalen Handwerkerkenntnissen und einer herrlich altmodischen Etage in einem der typischen Wuppertaler Fabriksken. Astrid und ich haben es gerne angenommen. Wir haben zusammen mit 4 weiteren Amateuren dort gelernt, ein selbstgeheftetes Buch mit Ledereinband herzustellen; „mit allen Schikanen”, sozusagen. Wichtig zu wissen ist, dass Mr. Green ein stark ausgeprägtes ergologisches Denken und Handeln sein eigen nennt und positive Erkenntnisse konsequent umsetzt und weitervermittelt.
Als alter Hobby-Buchbinder wurde mir schnell klar, mein buchbinderisches Wissen ist mit knapp 20 Jahren (plus die 20 Jahres meine Gurus dazugerechnet) auf einem richtig schön antiquierten Stand stehen geblieben! Nicht alles ist zu verwerfen, nein das nicht, aber vieles zu überdenken.
Schlusssatz: Mein in blaues Ziegenspalt-Leder gebundenes Büchlein (Block aus 170 g handgeschöpftem ‚Himalaya-Papier’) ist unscheinbar, schlicht, fasst sich aber sauber an. Es braucht noch ein wenig Schmuck (Erstentwurf im Hintergrund zu sehen). Es ist ordentlich gearbeitet, es lässt sich leicht öffnen und bleibt offen flach liegen. Was will der Hobbyist mehr? Dies: Roger Green für die 2tägige Lektion herzlich danken, das Versprechen einlösen, die ausgeliehene Zeitschrift zurückzuschicken und im Herbst zum Pergament-Wochenende wiederzukommen.

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…
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