Sonntag, 9. März 2008

Das viktorianische Aquarellbuch





Mein älterer Schwager feiert Ostern seinen 75. Geburtstag. Früher, als seine Augen noch richtig gut waren, zeichnete er - neben seiner Arbeit als GraficDesigner - viele kleine, allerfeinst gestrichelte Karikaturen oder großformatige Blätter mit hunderten klitzekleiner Details. Weil seine Augen nicht mehr so sind, wie er sich das wünscht, ist die Pitzelarbeit mit spitzer Feder nicht mehr möglich. Also wurde der Hobby-Buchbinder-Schwager pädagogisch und machte ihm ein ‚Malbuch’ für Erwachsene.
Den Block habe ich aus einem sehr schönen Aquarellpapier (offwhite) mit kräftiger, zeichenfederfeindlicher Oberflächenstruktur gebunden. Das Material heisst Silberburg (ca. 110 g/qm), Format A4, ist handgeschöpft und kann kostengünstig bei boesner (auch einzeln) erworben werden. Einmal auf A5 gefalzt und in Zweierlagen auf Band geheftet erwies es sich als verarbeitungsfreundlich.
Mein Umschlag hat ein Vorbild aus viktorianischer Zeit. Das handgemachte Marmorpapier stammt von Payhembury in Schottland, deren Farbpapiere großen Vorbildern in den Bibliotheken Londons und Edinburgs folgen. (Anm.: Die Website ist momentan leider ‚down’.) Auf der Titelseite habe ich ein kleines Leer-Etikett aufgeklebt, dabei ist das putzige Effektscherchen, das mir die flotte Apothekerin im Kaufland geschenkt hat, zum Einsatz gekommen. Die Vorlage sah eigentlich einen Lederrücken vor sowie Leder…, äh, ja, wie nennen sich die senkrechten Dinger denn: Stege?). Aus ökonomischen Gründen habe ich diesen Luxus durch feines Regent aus meinem Bestand ersetzt.
Als nächsten bau ich mal ein Aquarellbuch nach, das mich vor Jahren auf einer Ausstellung Turner'scher Rhein- und Mosel-Aquarelle fasziniert hat. Darin hat der Mann im Gehen (!) seine Skizzen aquarelliert - teilweise auf jeansblauem Bütten (Kattun-Bütten, blass- indigo gefärbt). Was es auch zu Turners Zeiten zu kaufen gab: ‚Rope-Paper’ aus alten Schiffstauen und Mumien-Papier aus - äh, ja, wie der Name schon sagt, ‚Original ägyptischen Mumien’, die zu diesem Zweck Schiffsladungsweise nach England gelangten. Wozu dieses ‚Papier’ diente, weiss ich wirklich nicht.

3 Kommentare:

tulibri hat gesagt…

Hach, das schaut aber sehr hübsch aus, wie echt alt :) Rope Paper gibt's/gab's meines Wissens auch auf Deutsch, Tauenpapier genannt. Manchmal findet man wohl auf ebay noch echtes altes, das tatsächlich noch Schiffstau als Hauptbestandteil hat ...

PETER ZILLIG hat gesagt…

Ah, Sie wollen mir die Sache mit dem Mumienpapier nicht glauben? Lesen Sie doch selber:
http://staatsbibliothek-berlin.de/deutsch/publikationen/1_2001/168_neuerwerbungen/index.html

tulibri hat gesagt…

Natürlich glaub ich das mit dem Mumienpapier. War ich doch letztens sogar in der Mumienausstellung und bin bestens informiert. Angesichts der Tatsache, dass Mumien gar vermahlen als Medizin zum Einsatz kamen, finde ich Mumienpapier geradezu gewöhnlich ... Übrigens ist der staatsbibliothekslink leider abgeschnitten :-(

PS: mehr zum Tauenthem hier - http://de.wikipedia.org/wiki/Tauen